Hertha BSC besiegte den Hamburger SV souverän mit 3:0 und setzt sich an die Spitze des Bundesliga-Mittelfelds. Auch wenn das Endergebnis deutlich ausfiel, die Partie stand lange auf Messers Schneide. Erst der späte Doppelschlag von Vedad Ibisevic versetzte den Hamburgern letztlich den K.o. Allerdings hatte das starke Tor von Salomon Kalou in der 17. Spielminute schon früh dafür gesorgt, dass Hertha sich voll und ganz auf die Abwehrarbeit konzentrieren konnte. Durch geschicktes Pressing kamen die Hamburger zwar auf viel Ballbesitz, konnten aber über diese errungenen Spielanteile nichts Gescheites entwickeln. Das Ballgeschiebe war durchsichtig, uninspiriert und überaus fehlerbehaftet.
Vor dem Spiel inszenierten die Hertha-Fans in der Ostkurve eine beeindruckende Choreographie zum 25. Jubiläum der Deutschen Wiedervereinigung.
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Spielt Hertha BSC eine Saison ohne Abstiegssorgen?
Als Hertha-Fan kann man es noch gar nicht richtig fassen. Allzu unwirklich erscheint die Momentaufnahme. Blau-Weiß ohne Abstiegssorgen in der Komfortzone? Eigentlich schaut man doch immer noch in der Bundesligatabelle ängstlich Richtung Tabellenkeller. Nimmt dann aber wohlich berührt zur Kenntnis, der Abstand zu den Abstiegsplätzen ist mittlerweile auf sensationelle 9 Punkte angewachsen. Gut, der Abstand zum vor der Saison als Abstiegsanwärter Nummer 1 ausgemachten SV Darmstadt 98 beträgt nur 4 Punkte. Aber so wie die Mannschaft sich präsentiert, spiegelt der 4. Tabellenplatz Herthas derzeitig grundsolide Qualität wieder. Denn Blau-Weiß hat auch das drittbeste Torverhältnis der Liga auf dem Konto. Und zumindest gegen den 1. FC Köln und den Hamburger SV war Hertha klar das stärkere Team und griff sich diese 6 Punkte völlig zurecht. Im Moment ist Herthas Fundament so stabil, dass man alle Abstiegssorgen erst einmal vergessen kann. Das heißt, Hertha spielt diese Saison als etablierter Bundesligist.
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Unter Hertha-Trainer Pal Dardai ist die Mannschaft endlich wieder torgefährlich.
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Hertha-Trainer Pal Dardai setzt auf Doppelspitze
Ein wichtiger Grundpfeiler für Herthas anhaltende Erfolgssträhne ist die Position Mittelstürmer. Mühte sich Torjäger Salomon Kalou in der letzten Saison regelmäßig ganz allein und ziemlich erfolglos gegen die beiden Innenverteidiger der gegnerischen Mannschaften, so steht ihm nun mit Vedad Ibisevic ein zweiter Mittelstürmer tatendurstig zur Seite. Als Hertha-Trainer Pal Dardai zum ersten Mal davon sprach, dass er sich gut vorstellen könne, mit zwei Stürmern im Angriffszentrum zu operieren, wollten viele Hertha-Fans dem neuen Offensivgeist noch nicht recht trauen. Gegen den Hamburger SV zauberte Dardais Doppelspitze nun geradezu. Insbesondere beim 1:0 durch Salomon Kalou zeigte sich, wie schwer eine Doppelspitze zu verteidigen sein kann. Denn beim Zuspiel vom erneut bärenstarken Rechtsverteidiger Mitchell Weiser liefen Kalou und Ibisevic an der Strafraumgrenze auf einer Höhe dicht beieinander und waren so als Doppelpack schwerer auszurechnen. Und für Salomon Kalou war diese Angriffsformation und der damit verbundene kleine sich ergebende Zeitvorteil dann Gold wert. Denn bevor einer der Innenverteidiger ihn stellen konnte, hatte er den Ball sicher unter Kontrolle gebracht, tanzte die Abwehrreihe nach Belieben aus und platzierte den Torschuss nahezu perfekt. Ohne Vedad Ibisevic neben sich hätte es diese erfolgreiche Spielsituation für Kalou so wohl nicht gegeben.
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Herthas Salomon Kalou erzielt den 1:0 Führungstreffer.
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13 Torschüsse für Hertha BSC
Herthas offensive Ausrichtung lässt sich auch an der Vielzahl der Torschüsse ablesen. Denn die Herthaner schießen plötzlich aus allen Rohren. Es ist zu vermuten, dass Hertha-Trainer Pal Dardai seine Spieler angewiesen hat, jede sich bietende Chance zum Torschuss zu nutzen. Nicht zögern, sondern draufhalten ist die Devise. So probierten neben den Torschützen Kalou und Ibisevic auch Genki Haraguchi, Tolga Cigerci, Vladimir Darida und Fabian Lustenberger je zweimal ihr Glück. Auch Mitchell Weiser ließ es einmal herzhaft krachen. Hertha-Kapitän Fabian Lustenberger kam bei einer seiner Schussmöglichkeiten dem Torerfolg noch am nächsten, als er wie schon gegen den VfB Stuttgart mit Urgewalt volley abzog. Dieses Mal aber traf Lustenberger nur die Querlatte.
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Hertha-Kapitän Fabian Lustenberger in der Jubeltraube beim Feiern des 2:0 von Vedad Ibisevic
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Hertha-Kapitän Fabian Lustenberger hält den Laden sauber
Der absoluten Hochform von Hertha-Kapitän Fabian Lustenberger ist es zu danken, dass die verletzungsbedingten Ausfälle der Stammverteidigung keine Wirkung zeigen. Denn schon wieder musste die Abwehrreihe während des Spiels verändert werden. Der für die Zukunft und den Notfall verpflichtete Niklas Stark, der den etatmäßigen Innenverteidiger Sebastian Langkamp in den letzten Partien so überraschend gut vertrat, verletzte sich schon nach 29. Spielminuten und musste nun selbst ausgewechselt werden. Auf der Bank hatte Pal Dardai für diesen Fall Notnagel Jens Hegeler sitzen. Und Notnagel Jens Hegeler bewies erneut, dass er Innenverteidigung kann, obwohl er einst als offensiver Mittelfeldspieler verpflichtet wurde. Im Duett mit Fabian Lustenberger ließ Herthas Innenverteidigung in der Folge gegen die Hamburger Offensive so gut wie nichts zu. Auch der bullige Ex-Herthaner Pierre-Michel Lasogga wurde wie selbstverständlich völlig aus dem Spiel genommen.
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Vedad Ibisevic erzielt das Tor zum 3:0 Endstand nach Bilderbuchkonter über Alexander Baumjohann.
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Schiedsrichter Dr. Felix Brych
Ticker. Hertha BSC – Hamburger SV – 3:0 (1:0). Vor 65.427 Zuschauern im gut gefüllten Berliner Olympiastadion zeigte Hertha BSC gegen den HSV eine hochkonzentrierte Leistung und gewann das nunmehr dritte Heimspiel in Folge. Die Berliner haben einen mächtigen Lauf. Aktuell passt einfach alles. Die Stürmer treffen, die Abwehr steht sicher und das Glück strahlt in Blau-Weiß. Schiedsrichter Dr. Felix Brych und sein Schiedsrichtergespann schiedsten die faire Bundesligapartie recht fehlerfrei. Dem Herthaner Genki Haraguchi zeigte Dr. Brych die Gelbe Karte. Die Tore für Hertha BSC erzielten Salomon Kalou in der 17. sowie per Doppelschlag Vedad Ibisevic in der 77. und 79. Spielminute. Herthas Spieler mit der größten Laufdistanz: Dauerläufer und Laufwunder Vladimir Darida mit 13,32 gemessenen Kilometern.
Hertha BSC gegen Hamburger SV
Hertha-Mannschaftsaufstellung und Einwechselspieler:
Hertha-Spiele Fußball-Historie
Ältere Spielberichte, Informationen und Meinungen zu Begegnungen beider Mannschaften vom Schiedsrichtergespann:
23. März 2015 – Knüppelharter Abstiegskampf – Hamburger SV – Hertha BSC – 0:1
27. Oktober 2014 – Befreiungsschlag – Hertha BSC – Hamburger SV – 3:0
10. Februar 2014 – Adrian Ramos weltklasse – Hamburger SV – Hertha BSC – 0:3
26. August 2013 – Nico Schulz – Hertha BSC – Hamburger SV – 1:0
28. Januar 2012 – Abstiegsstrudel – Hertha BSC – Hamburger SV – 1:2
15. August 2011 – megawichtiger Punkt – Hamburger SV – Hertha BSC – 2:2
6. März 2010 – Am Abgrund – Hamburger SV – Hertha BSC – 1:0
4. Oktober 2009 – Tauchfahrt des Grauens – Hertha BSC – Hamburger SV – 1:3
3. Mai 2009 – Im Rennen – Hamburger SV – Hertha BSC – 1:1
15. November 2008 – Zwei Gesichter – Hertha BSC – Hamburger SV – 2:1
1. Bundesliga 8. Spieltag:
1. Bundesliga 8. Spieltag:
Pressekonferenz mit den Trainern Pal Dardai und Bruno Labbadia
Hertha BSC – Hamburger SV
HerthaTV, der offizielle YouTube-Kanal von Hertha BSC
5. Oktober 2015 um 17:35
Respekt LR.
Sehr detail- und kenntnisreich, wie du die Entstehung des ersten Herthatores durch Kalou beschreibst.
6. Oktober 2015 um 13:59
„Seit vielen Jahren werden die schönsten Tore in der ARD Sportschau gewählt – das ‚Tor des Monats‘ ist jedem Fußballfan ein Begriff. Für den zurückliegenden Monat September ist Herthas Kapitän nominiert: Fabian Lustenberger traf gegen den VfB Stuttgart in der Nachspielzeit der ersten Hälfte mit einem Volleykracher zum 2:1. Dem späteren Siegtreffer.“
http://www.herthabsc.de/de/fans/tor-des-monats-basler/page/9111–59-59-.html
6. Oktober 2015 um 15:09
Lustenbergers Volley-Tor kann man sich gar nicht oft genug anschauen, einfach grandios. Hertha spielt auch deshalb derzeit so erfolgreich, weil Fabian Lustenberger in absoluter Hochform ist. Sein Lattenkracher am Samstag gegen den HSV war ebenfalls nicht von schlechten Eltern. Immer wieder kam mir auch seine wichtige Rettungsaktion gegen den einschusswilligen Lasogga in den Sinn. Als Lasogga sich um die eigene Achse drehte und flach ins Eck zielte. Wie Lustenberger da noch bestens antizipierend seinen Fuß dazwischen bekam, war klasse. Denn Jarstein hätte den Ball wohl nicht gehalten. Und die Partie gegen Hamburg wäre womöglich gekippt.
6. Oktober 2015 um 15:32
Ja LR, das Spiel gegen Hamburg hätte auch anders ausgehen können.
So verstehe ich die Aussagen der Trainer in der hier oben verlinkten PK.
In Summa boten die Hamburger jedoch zu wenig, um sich ausreichend Torchancen zu erarbeiten. Letztlich reichten 3 gute Pässe von Weiser, Cigerci und Baumjohann, um Kalou und Ibisevic für den Torerfolg der Hertha aufzulegen. Darida konnte leider eine Riiiiesenchance nicht für sein zweites Herthator nutzen.
6. Oktober 2015 um 21:13
Dass Darida die Pille nicht versenkt hat, war schon etwas schlapp. Viel besser kann die Schussposition doch kaum noch sein. Aber Torwart Drobny hat auch Magie und Klasse. Als Drobny noch bei Hertha spielte, hat er Blau-Weiß so manchen Punkt ganz allein gerettet.
7. Oktober 2015 um 10:03
Vermutlich war Darida in dem Moment ein wenig erschöpft und unkonzentriert. Denn es ist der Waahnsinn, was er in jedem Spiel läuft. Du hast ja auch oben wieder darüber berichtet. Wenn er dadurch andere Herthaner in gute Schussposition bringt, ist alles in Ordnung.
7. Oktober 2015 um 12:26
Diese Darida Torszene bleibt auch deshalb in Erinnerung, weil sie irgendwo für die neue Hertha steht. Blau-Weiß ist diese Saison eindeutig präsenter in des Gegners Strafraum. Blau-Weiß kann sogar beste Torchancen vergeben und ein Spiel trotzdem gewinnen. Das Mittelfeld von Blau-Weiß strahlt mächtig Torgefahr aus. Und Salomon Kalou hat den Ball genial und passgenau mit der Hacke aufgelegt. Rein technisch sowie von der Übersicht her ein brillanter Kalou-Moment.
7. Oktober 2015 um 15:23
Jepp LR, das Mittelfeld der Hertha übertrifft bis jetzt alle Erwartungen.
Cigerci, Darida und Skjelbred spielen variabel und legen gute Bälle für Haraguchi, Ibisevic und Kalou auf. Und als weitere Überraschungen hat der Trainer Stark und Baumjohann auf der Bank. Von daher hoffe ich, dass Stark seine Verletzung aus diesem Spiel auskurieren kann und im Monat Oktober dem Trainer wieder zur Verfügung steht.
10. Oktober 2015 um 09:53
Guten Morgen LR.
Hier noch einmal die Tabelle am 8. Spieltag der Bundesliga 2014/2015
Jeweils 14 Punkte hatten damals M05 (11.), TSG (8.) und WOB (2.) – in Klammern deren Platz in der Abschlusstabelle.
Die Tabelle am 8. Spieltag der Bundesliga 2013/2014
Kein Team hatte 14 Punkte erreicht. BAY, BVB und LEV hatten bereits 20 oder 19 Punkte erreicht. Jeweils 13 Punkte hatten damals BMG (6.) und H96 (10.) erreicht.
Die Tabelle am 8. Spieltag der Bundesliga 2012/2013
Kein Team hatte 14 Punkte erreicht. BAY, EFF und S04 hatten bereits 24, 19 oder 17 Punkte erreicht. Jeweils 12 Punkte hatten damals der BVB (2.) und LEV (3.) erreicht.
Die Tabelle am 8. Spieltag der Bundesliga 2011/2012
Kein Team hatte 14 Punkte erreicht. BAY, SVW, BMG, S04 und H96 hatten bereits 19, 16 oder 15 Punkte erreicht. Jeweils 13 Punkte hatten damals der BVB (1.), VfB (6.), TSG (11.) und LEV (5.) erreicht.
Die Tabelle am 8. Spieltag der Bundesliga 2010/2011
Jeweils 14 Punkte hatten damals die TSG und der HSV. Dahinter lagen mit 13 Punkten der STP (18.) und H96 (4.).
Die Tabelle am 8. Spieltag der Bundesliga 2009/2010
Jeweils 14 Punkte hatten damals die TSG (11.) und M05 (9.) erreicht.
Die Tabelle am 8. Spieltag der Bundesliga 2008/2009
führte Hertha BSC als einziges Team mit 14 Punkten auf Platz 4.
Die Tabelle am 8. Spieltag der Bundesliga 2007/2008
Jeweils 14 Punkte hatten damals LEV (11.), SVW (2.) und HSV (4.) erreicht.
In den hier dargestellten Jahren ist kein Team abgestiegen, welches bereits 14 Punkte oder mehr gewonnen hatte an den ersten 8 Spieltagen. Hoffentlich wird es auch in dieser Saison so sein.
Auf dem Traingsplatz konnte ich bei 3 Besuchen im Sommer 2015 die Profis engagiert bei der Arbeit beobachten. Aber diese Trainingseindrücke ließen ebenso wenig wie die Testspiele dieses Sommers erahnen, was die Mannschaft in den ersten 9 Pflichtspielen leistete. 😀 😀
10. Oktober 2015 um 16:03
Da hast du die ja eine Menge Arbeit aufgehalst, lieber Blauer Montag. Bis zum 8. Spieltag hat Hertha 14 Punkte eingesammelt, sehr gut. Aber trotz deines aufwändigen Vergleichs mit sieben weiteren Spielzeiten fällt es mir schwer, die Gesamtlage deshalb konkreter oder analytischer bewerten zu können. Dass statistisch gesehen, kein Verein mehr abgestiegen ist, der am 8. Spieltag 14 Punkte auf der Habenseite hatte, hat sicher etwas Beruhigendes. Aber auch wenn Blau-Weiß sogar drei Punkte weniger auf dem Konto hätte, wäre ich optimistisch in Bezug auf das Abstiegsgespenst. Die Mannschaft spielt derzeit einfach zu gut Fußball für einen Absteiger 😉
11. Oktober 2015 um 10:21
Auf guten Fußball allein kann man noch nix geben im Augenblick. Der ein oder andere Punkt mag auch der Gunst des Spielplans zu verdanken sein. Sowohl die Gegner wie Hertha haben im Sommer 2015 ihre Kader verändert. Erstaunlicherweise hat Hertha auch in dieser Saison ebenso wie in der Vorsaison gepunktet gegen FCA, VfB, FCK, HSV sowie SVW und EFF.
Die Mannschaft hatte auch 2008 unter Favre, 2011 unter Babbel sowie 2013 unter Luhukay in der Hinrunde einen guten Fußball gespielt bzw. bis zur Winterpause fleißig Punkte gesammelt. Favre konnte das Niveau bis Saisonende 2009 halten, sein Zusammenbruch kam in der nächsten Saison. Babbel verließ Hertha im Dezember 2011, seine Nachfolger konnten die Klasse nicht halten. Luhukays Mannschaft brach in der Rückrunde 2014 ein, schaffte jedoch den Klassenerhalt. Wenn du magst, verlinke hier noch einmal die Spielberichte vom jeweils 8. Spieltag der 3 genannten Jahre.
Nach einem Viertel der Saison 2015/16 ist noch nicht erkennbar, wie weit Dardai und sein Kader besseren (sprich erfolgreichen) Fußball spielen als die 3 bereits genannten Trainer. Bewundernswert ist es derzeit schon, wie die Mannschaft trotz des vollen Krankenlagers spielt http://www.schiedsrichtergespann.de/die-akte-krankenlager-hertha-bsc/ . Dies nährt die Hoffnung, das die Qualität der Herthaspiele noch besser wird, wenn die verletzten Spieler zurückkehren.
11. Oktober 2015 um 17:21
Ja, vielleicht bewerte ich Herthas derzeit guten Fußball allzu subjektiv. Ich sehe einfach zu selten Spiele anderer Mannschaften in voller Länge. Zumeist sind dies die Länderspiele der DFB-Auswahl, die nur selten wirklich begeistern (mit Ausnahme der WM, die war absolut grandios) und Europa-Cup-Spiele. Da sah ich dann oft die Bayern mit ihrem Zauberfußball. Mit der Leistungsfähigkeit der Münchner sollte man Hertha aber nur sehr bedingt vergleichen.
Also muss ich genau wie du Blauer Montag die aktuelle Hertha mit der der letzten Jahre vergleichen. Unter der Vorgabe, dass die Mannschaft geschlagene anderthalb Jahre am Stück grottig spielte, neigt man jetzt bestimmt zum positiven Übertreiben. Und wie du sehr richtig analysiert hast, eigentlich hat Hertha in der laufenden Saison „nur“ wieder gegen die üblichen Verdächtigen gepunktet. Denn ohne die verlässlichen Punktelieferanten der letzten beiden Saisons, Stuttgart (7 Punkte) und unseren absoluten Lieblingsgegner HSV (12 Punkte), wäre Hertha sicher schon längst wieder zweitklassig.
Aber ich lege mich mal fest:
Pal Dardais Rumpf-Truppe Herbst 2015 spielt klar besseren Fußball als Dardais Truppe Frühjahr 2015 (obergrausam) und auch Jos Luhukays Mannschaft Herbst 2014 (Paderborn, Bielefeld und Hoffenheim) sowie Frühjahr 2014 (Hertha konnte eigentlich nicht mehr absteigen und Luhukay hatte so rein gar nichts Spielerisches ausprobiert). Unter Luhukay spielte Hertha im Herbst 2013 zwar sehr, sehr erfolgreich Konterfußball, aber nicht unbedingt schön anzuschauenden Fußball. Nur die individuelle Qualität von Adrian Ramos, als Fan endlich wieder Erstliga-Fußball zu sehen und die überraschend hohe Punkteausbeute riss es für die Zuschauer irgendwie raus. Mein Urteil: Hertha aktuell spielt besser, weil aktiver Fußball als Hertha Herbst 2013 unter Luhukay. Ob allerdings wie 2013 erneut 28 Punkte in der Hinrunde eingefahren werden ist sehr fraglich. Dieser Halbserien-Ertrag ist einer absolut bundesligaetablierten Mannschaft würdig und bleibt Jos Luhukay wahrscheinlich noch ein Weilchen erhalten.
Das Markus Babbel Halbjahr mit Rainer Widmayer als Co-Trainer wurde durch den unterdurchschnittlichen Kader geprägt. Die nach dem Aufstieg verpflichteten Spieler wie zum Beispiel Andreas Ottl (Babbels Bayern-Connection) waren nicht förderlich. Und Christian Lell war wahrscheinlich ein Quertreiber. Aber auf der anderen Seite zauberte Raffael noch in Herthas Reihen. Trotzdem, die aktuelle Hertha spielt klar besseren Fußball, eben weil der Kader viel besser zusammengestellt ist.
Viele Hertha-Spiele unter Star-Trainer Lucien Favre sah ich nur im TV als Zusammenschnitt. Und die Spiele, die ich dann in voller Länge sah, fand ich nicht unbedingt mitreißend. Favres auf Kontrolle und Sicherheit ausgelegter Konzeptfußball war sehr erfolgreich. Aber mit dem damaligen herausragenden Spieler-Kader (Pantelic, Simunic, Friedrich, Voronin, Dardai, Cicero, Raffael etc.) hätte man mit offensiverem Fußball vielleicht sogar ähnlich erfolgreich die Liga aufgemischt.
12. Oktober 2015 um 12:00
„Pal Dardais Rumpf-Truppe Herbst 2015 spielt klar besseren Fußball als Dardais Truppe Frühjahr 2015 (obergrausam) und auch Jos Luhukays Mannschaft Herbst 2014 (Paderborn, Bielefeld und Hoffenheim) sowie Frühjahr 2014 (Hertha konnte eigentlich nicht mehr absteigen und Luhukay hatte so rein gar nichts Spielerisches ausprobiert).“
Welche Vergleichszahlen haben wir, neben den Tabellen im Spielbericht vom 8. Spieltag der vorigen Hinrunde oder dem 25. Spieltag der vorigen Rückrunde? Was macht Hertha jetzt besser? Mehr gelaufene km, mehr Torchancen, mehr Ballbesitz, weniger Fehlpässe?
12. Oktober 2015 um 16:54
Hier die Spieldaten des kicker zum aktuellen Spielbericht
http://www.kicker.de/news/fussball/bundesliga/spieltag/1-bundesliga/2015-16/8/2855001/0/default/0/default/spieldaten_hertha-bsc-29_hamburger-sv-12.html
Hertha : HSV
Tore 3 : 0 Tore
Torschüsse 14 : 8 Torschüsse
Laufleistung 116,68 : 116,75 Laufleistung im km
gespielte Pässe 440 : 559 gespielte Pässe
angekommene Pässe 351 : 460 angekommene Pässe
Fehlpässe 89 : 99 Fehlpässe
Passquote 80% : 82% Passquote
Ballbesitz 44% : 56% Ballbesitz
Zweikampfquote 50% : 50% Zweikampfquote
Foul/Hand gespielt 13 : 15 Foul/Hand gespielt
Gefoult worden 15 : 13 Gefoult worden
Abseits 4 : 0 Abseits
Hier die Daten für das Heimspiel im vergangenen Oktober. Gleicher Gegner, gleiches Ergebnis 🙂
Tore 3 : 0 Tore
Torschüsse 15 : 10 Torschüsse
Laufleistung 115,63 : 115,34 Laufleistung
gespielte Pässe 320 : 463 gespielte Pässe
angekommene Pässe 193 : 332 angekommene Pässe
Fehlpässe 127 : 131 Fehlpässe
Passquote 60% : 72% Passquote
Ballbesitz 42% : 58% Ballbesitz
Zweikampfquote 49% : 51% Zweikampfquote
Foul/Hand gespielt 15 : 21 Foul/Hand gespielt
Gefoult worden 21 : 15 Gefoult worden
Abseits 3 : 2 Abseits
12. Oktober 2015 um 22:04
Die Zahlen, die Zahlen. Ich bin ebenfalls in Statistiken vernarrt. Und die Daten, die im Internet kostenfrei angeboten werden, werden immer detaillierter, einfach herrlich. Aber hat man das Spiel nicht mit eigenen Augen gesehen, am besten sogar erst einmal Live und dann noch einmal in voller Länge für Nachbetrachtung und Analyse als Aufzeichnung auf einem riesigen Monitor (habe ich so auch noch nie gemacht), helfen die Zahlen nur sehr bedingt weiter. Torschüsse zum Beispiel. Da werden Torschüsse gezählt, die für den Torhüter nie wirklich gefährlich waren. Und der Torwart hat plötzlich eine super Quote an gehaltenen Bällen, die aber auch ein Amateur-Torwart locker weggefischt hätte. Nur wer das Spiel zumindest in Ausschnitten gesehen hat, kann erahnen, ob der Torwart Unhaltbare gehalten hat.
Der große Unterschied zwischen der aktuellen Spielweise von Hertha und dem zuvor praktizierten Fußball, lässt sich mit diesen Zahlen und Statistiken für mich nicht wirklich fassen. Nimmt man die beiden Zweitligajahre aus der Bewertung mal heraus, dann hatte Hertha seit mehreren Jahren ein eher reagierendes System bevorzugt. Im besten Fall mit starkem Pressing und klugem Umschaltspiel. Aber eben reagierend. In den schwächeren Spielen wirkte Hertha deshalb planlos oder schlimmstenfalls nur noch ängstlich. Nicht so schön für die Zuschauer.
Pal Dardai und Rainer Widmayer sind dabei der Mannschaft ein aktives Spielsystem zu vermitteln. Nicht nur auf Fehler des Gegners warten, um eiskalt zuzuschlagen, sondern mutig selbst spielerische Akzente setzen und den Gegner im besten Fall dabei richtig ausspielen. Sehr attraktiv für die Zuschauer. Spätestens wenn Blau-Weiß in den Partien gegen Ingolstadt, Darmstadt und im Pokal gegen den FSV Frankfurt mit dem neuen Spieleifer souverän auftritt, fußballerisch dominiert und so etwas wie einen Klassenunterschied sichtbar machen würde, wäre die Zeitenwende und damit die Abkehr vom Angsthasen-Fußball alter Tage endgültig vollbracht.